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Kassbach
Theaterstück 2010
Premiere: Rabenhof Theater
8. September 2010
Über
1.000.000 Exemplare des Romans wurden in den 70er Jahren
weltweit verkauft und die Verfilmung von Peter Patzak
ist eines der schonungslosesten cineastischen Werke
des österreichischen Nachkriegsfilmes.
KASSBACH EIN PORTRAIT stellt einen Typus und
gleichzeitig einen gesellschaftlichen Zustand vor: den
Wiener Kleinbürger, der sich eingekreist und bedroht
fühlt von den Ausländern, von den Linken,
von einer diffusen, kalten Wirklichkeit, die seinen
Werten die Umsetzung versagt.
40 Jahre nach Entstehung des Werkes und mitten im Wiener
Wahlkampf geht nun das Rabenhof
Theater der Frage nach der zeitlosen Gültigkeit
dieses Themas nach.
von: Helmut Zenker
für die Bühne adaptiert von:
Jan und Tibor Zenker

Regie, Bühne und Video: Anatole
Sternberg
Dramaturgie: Matthias Jodl
Musik: Kilo (Florian Bogner, Markus Urban)
Lichtdesign: Andrea Domjan
Kampfchoreographie: Christoph Radlherr
Regieassistenz: Christina Tscharyiski
Kostüm-/Ausstattungsassistenz: Johanna Susicky,
Pascale Rasinger
Technische Leitung: Renato Sobotta, Roland Stettz
Videoeinrichtung: Christian Gallei, Stephan Richter
Videotechnik: Gregor Fuchs
Ton: Markus Urban
Licht: Andrea Korosec, Harald Töscher
Bühnentechnik: Peter Brenessel, Gregor Fuchs,
Sina Gharehkhani, Stephan Richter
Darsteller: Hans
Piesbergen, Gerald
Votava, Joe
Ellersdorfer, Petra
Staduan
Videoeinspielung:
Zwei Gäste: Thomas Gratzer, Matthias Jodl
TV-Sprecherin: Mirjam Unger
Komparserie: Andrea Korosec, Johanna Susicky,
Pascale Rasinger, Florian Bogner, King Ironimus Colbert,
Abdula Dervisoski, Gregor Fuchs, Fabian Pfleger, Stephan
Richter, Daniel Sommergruber, Ronald Steetz
Premiere: 8. September 2010
Vorstellungen: 10. September 2010, 11. September
2010, 18. September 2010, 19. September 2010, 30. September
2010, 1. Oktober 2010, 7. Oktober 2010, 8. Oktober 2010,
20. Oktober 2010, 21. Oktober 2010, 8. November 2010,
9. November 2010, 30. November 2010, 1. Dezember 2010
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Kritiken
Nach der Premiere: "Kassbach" im Rabenhof Theater
Am 8. September 2010 hatte am Rabenhof Theater in
Wien-Erdberg das Stück "Kassbach" Premiere,
das auf dem gleichnamigen Roman Helmut Zenkers aus dem
Jahr 1974 basiert. Die Bühnenfassung besorgten
Jan und Tibor Zenker, unter der Regie Anatole
Sternbergs spielen Hans
Piesbergen, Gerald
Votava, Petra
Staduan und Joe
Ellersdorfer. Nach der Uraufführung gab es
überwiegend positive Kritiken.
Im
"Kurier" (9.9.2010) schreibt Caro Wiesauer
unter dem Titel "Das Stück zum Wiener Wahlkampf":
"Die Idee war gut, mitten hinein in den Wiener
Wahlkampf mit einem Stück zu gehen, das Ausländerfeindlichkeit
thematisiert. Und, wie so oft im Wiener Rabenhof, hat
man sich bei der Auswahl des Stoffes einiges ausgedacht
und viele Mühen gemacht." Weiter heißt
es im "Kurier": "Nach 'Kottan' wurde
jetzt 'Kassbach' von Helmut Zenkers Söhnen Jan
und Tibor für das Theater adaptiert. Anatole
Sternberg inszenierte die Bühnen- Uraufführung,
der Zenkers Roman aus den 70er-Jahren und die Verfilmung
von Peter Patzak zugrunde liegt. 40 Jahre also ist die
Geschichte über den Wiener Kleinbürger, der
sich von Frauen und Ausländern und Linken bedroht
fühlt, alt. Die Übertragung ins Heute funktioniert,
thematisch gesehen, leider tadellos. Grausliche Typen
wie diesen (sehr treffend von Hans
Piesbergen gespielten) Karl Kassbach gibt es gestern
wie heute wie morgen zuhauf." Den Schauspielern
werden durchgehend gute Leistungen attestiert, und zu
Anatole
Sternbergs, von Videoprojektionen dominiertem Bühnenbild
sowie seiner Regiearbeit meint der "Kurier":
"gut gemacht, aber Geschmacksache. Letzteres trifft
auch auf die Inszenierung zu: Ein unentschlossen wirkendes
Zwitterwesen aus Theater und Kabarett, das sich für
keines von beiden entscheiden will."
(Kurier, 9.9.2010)
Bernhard
Baumgartner nimmt für die "Wiener Zeitung"
(10.0.2010) zunächst eine Einordnung in die Gegenwart
vor: "'Kassbach' ist ein alter Roman. 36 Jahre
ist es her, dass 'Kottan'-Erfinder Helmut Zenker das
Buch über den doppelgesichtigen, rassistischen
Kleinbürger schrieb. Nun haben seine beiden Söhne
Jan und Tibor Zenker 'Kassbach' ins Heute und (einen
Monat vor der Wiener Wahl) auf die Bühne des Wiener
Rabenhofs gebracht. Hätte es noch eines Beweises
bedurft, dass der Text aktueller denn je ist - ein Blick
auf die 'Wiener Blut'-Plakate der FPÖ hätte
ihn locker geliefert." Die Wiener Zeitung schreibt
dann über das Stück selbst: "'Kassbach"
ist kein angenehmer Theaterabend, bei dem man sich wohlig
in den Sessel schmiegt. Kassbach verstört, macht
nachdenklich. Viele der Witze, die er und sein radikaler
Kumpan Erwin kalauern, kann man in jedem Wirtshaus hören.
Seine Sprüche sind allgegenwärtig: Ob es gegen
die Frauen geht, die Türken, die linksgrünen
Gutmenschen, den Rotfunk. Ab und zu kam dann im Publikum
dem einen oder anderen doch ein Lacher aus. Nur kurz
freilich, bis er quer im Hals stecken blieb." Über
die schauspielerischen Leistungen meint die "Wiener
Zeitung": "Hans
Piesbergen gibt einen mit viel Körpereinsatz
bis zur Widerlichkeit glaubwürdigen Karl Kassbach.
Gerald
Votava mimt Erwin mit einem genialen Autoverkäufer-Lächeln,
das so gewinnend sein kann, wenn er ruhig über
die Zustände da draußen referiert. Aber wehe,
er spricht exakt dieselben Sätze vor seinen Kameraden
von der Bürgerinitiative - da wird er zum einpeitschenden
Hetzer. Auch Kassbach ist nicht davor gefeit und schießt
auf einem Kontrollgang der Bürgerwehr einen jungen
Bankbeamten nieder, den er für einen 'Scheiß-Kanaken'
hält. Petra Und die "Wiener Zeitung"
kommt zum Schluss: "Mit 'Kassbach' hat der Rabenhof
einen guten Beitrag zum Wiener Wahlkampf geliefert.
Denn es kann stimmen, was Tibor Zenker im Gespräch
mit der 'Wiener Zeitung' sagte: 'Jeder von uns kennt
einen Kassbach.' Ein nicht nur aus diesem Grund wichtiger
Abend, vom Publikum mit tosendem Applaus bedacht."
(Wiener Zeitung, 10.9.2010)
Thomas
Kramer, der für "Die Presse" im Ganzen
ein positives Resumee zieht, meint zunächst über
die Romanfigur von 1974: "Kassbach ist ein 'Austrian
Psycho', die ungemütliche Variante von Qualtingers
Herrn Karl; man ist versucht, ihn mit dem Wort zu beschreiben,
das der Herr Karl für Hitler hatte: 'vielleicht
ein Dämon'." Demgegenüber ist der Kassbach
des Jahres 2010, auf der Bühne dargestellt von
Hans
Piesbergen, ganz anders: Er kann nicht völlig
unsympathisch wirken. Arrogant, das ja, aber dieses
gewisse David-Bowie-Flair kann er nicht ganz ablegen.
Er kann keinen dumpfen Bösen spielen. Vielleicht
einen Dämon. Damit ringt er in der - von Zenkers
Söhnen Jan und Tibor erstellten - Bühnenfassung.
In ihr ist die Hauptfigur eine Generation weitergerückt:
Im Buch ist es der 1923 geborene Gemüsehändler,
im Stück dessen 1965 geborener Sohn, ein Gastwirt.
Entsprechend kann der Bühnen- Kassbach nicht in
eigenen Erinnerungsstücken an die NS-Zeit kramen,
sondern nur in denen seines Vaters. Womit eine naiv-historische
Erklärung seiner Leidenschaften erschwert wird."
Einige Fragen bleiben bewusst unbeantwortet und sind
offenbar an die Zuseher gerichtet - sinnbildlich steht
hierfür auch das "Dunkel, das in dieser Inszenierung
eine weitere Hauptrolle spielt. Vor allem auf Piesbergens
Gesicht fallen ständig Schatten - als spielte die
Beleuchtung auch mit im Metaspiel dieses Stücks:
Was geht in ihm vor? Geht in ihm etwas vor? Warum muss
er der Welt den Herren zeigen? Auf allzu konkrete politische
Aktualisierungen - die im Wahlkampf mit dieser FPÖ
freilich nahelägen - hat man verzichtet, und das
ist gut so. Im Rabenhof wäre es ohnehin eine Predigt
für Bekehrte. Und das billige Einverständnis
würde die Rätsel verschütten, die dieses
Stück offen lässt."
(Die Presse, 10.9.2010)
Kein
Verständnis für das Stück hat hingegen
Margarete Affenzeller für die Zeitung "Der
Standard" (10.9.2010). Zwar wird bescheinigt, in
der "von Jan und Tibor Zenker aktualisierten Bühnenfassung
... entledigt sich die Figur der stereotypen Zuschreibung
einer patinierten Welt; sie gewinnt an Gegenwart."
Doch wird hieraus auch ein Problem gemacht, denn es
<i>"entschließt sich dieses neue Stück
samt der Inszenierung Anatole
Sternbergs zu keiner weiteren Charakterisierung
Karl Kassbachs (Hans
Piesbergen). Die Motive seines Handelns bleiben
diffus, höchstens angedeutet". Mit diesem
Sachverhalt, der dem Publikum eine etwas kompliziertere
Rezeption abverlangt, konfrontiert, kommt "Der
Standard" geradewegs zu dem Urteil: "Ein eindimensionaler
Abend, dem es an Komplexität fehlt."
(Der Standard, 10.9.2010)
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Hans Piesbergen
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Gerald Votava |
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Petra Staduan |
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Joe Ellersdorfer |
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